Gespräch im Stuttgarter Landtag

 

Gespräch im Stuttgarter Landtag mit den GRÜNEN

Landtagsabgeordneten Martin Hahn und Martina Braun

 

Auf der Nachhaltigkeitskonferenz am 4. Mai hatte Putenhalterin Dorothee Linder Bundeslandwirtschafts- minister Cem Özdemir angesprochen. Sie durfte ihm dann kurz ihre Situation erläutern. Als Folge meldete sich Martin Hahn bei ihr und lud sie zu einen Gespräch bei der Grünen-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg ein. Hahn ist der agrarpolitische Sprecher der dortigen Grünen und Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Stuttgarter Landtag.
Anfang Juni besuchte ihn Linder mit ihrer Schwester, der Südhof-Covorsitzenden Caroline Hartmann, mit Sabine Preuß, Geschäftsführerin der Putenbrüterei Böcker, und mit Marcus Könninger, Vorsitzender der Württembergisch-Fränkischen Putener-zeugergemeinschaft, in den Fraktionsräumen in Stuttgart. Hahn holte Martina Braun dazu, die ebenfsalls Ausschussmitglied und zusätzlich Sprecherin für Tierschutzfragen der Grünen Landtagsfraktion ist (siehe Foto unten).
Die Putenhalterinnen und -halter erläuterten den Abgeordneten die bei den süddeutschen Höfen verbreiteten Lousianaställe. Sie bieten den Tieren den Vorteil der permanenten Frischluft durch die offenen großen Seitenfronten, die bestens als Außenklimabereich für die Haltungsstufe 3 ausgewiesen werden könnten.
Mit großem Interesse und Engagement hat die Griuppe über die vom BMEL vorgelegten Eckpunkte und die befürchteten schwerwiegenden Folgen für die heimische Putenerzeugung diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass Nachhaltigkeit, Regionalität und Tierwohlmaßnahmen auch Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit innerhalb des europäischen Marktes erfordern. Vor allem das Tierwohl kann letztlich nur kontrolliert und weiter verbessert werden, wenn die Putenhaltung mit ihren bereits hohen Standards in Deutschland eine Zukunft hat.
„Es war ein sehr konstruktives Gespräch: Die beiden kannten sich gut aus und haben detaillierte Fragen gestellt“, resümiert Linder über den einstündigen Austausch. Beide hätten zugestimmt, dass die Kennzeichnung der Haltungsformen und der Herkunft der Nutztiere im Vordergrund stehen sollte, bevor ohne Not weiter an den deutschen Tierwohlstandards geschraubt werde. „Einen nationalen Alleingang haben Hahn und Braun abgelehnt. Sie sagten, sie wollten die regionale Tierhaltung hierzulande schützen und sie bauten auf eine EU-weite Lösung“, so Linder. Özdemir wollen sie über die Gesprächsinhalte informieren.

Für Linder klangen die beiden Landtagsabgeordneten pragmatischer und weniger ideologisch gefärbt als Özdemir. Denn den Minister hatte sie darauf hingewiesen, dass die EU doch sowieso eine Vereinheitlichung der Putenhaltungsstandards für 2024 auf die Agenda genommen habe. Warum also jetzt dieses nationale Vorpreschen? „Özdemir sagte: Wir möchten die Tierwohl-standards erhöhen. Die EU braucht zu lange dafür. Deshalb wollen wir sie zuerst in Deutschland durchbringen“, erinnert sich Linder.

Auf der Nachhaltigkeitskonferenz sei viel über das Ziel einer Halbierung der Nutztierbestände in Deutschland gesprochen worden. Die Grünen hielten daran weiter fest. „Die wollen die Landwirtschaft so umbauen, dass jeder Hof Förderungen beantragen muss. Diese Landwirtschaft wäre nicht mehr marktwirtschaftlich orientiert, weil die Verbraucher die Kosten nicht im Supermarkt bezahlen würden. Und die Förderungen sind nicht einmal gegenfi-nanziert. Man spricht nur von zehn Jahren. Die Summen für die einzelnen Höfe sollen immer geringer werden, je mehr Betriebe sich daran beteiligen“, erzählt Linder enttäuscht.
Aber immerhin glaubt sie, dass Özdemir für sein Vorhaben einer nati-onalen Putenhaltungsverordnung aus etlichen Bundesländern Gegenwind ins Gesicht bläst. Sie hofft, er werde war-ten, bis sich die EU im nächsten Jahr des Themas annimmt und eine gemeinsame Lösung entwickelt.