Putenhaltung

Kurzinfo und Faktencheck zur geplanten Putenhaltungsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft

Aktuelle Rechtslage
Die Regierungsparteien haben im Koalitionsvertrag das Schließen von Lücken in der Nutztierhaltung vereinbart.
Für Puten/ Truthähne gibt es in Deutschland derzeit keine gesetzliche Haltungsverordnung, aber die deutschen Putenhalter haben gemeinsam mit Tierschutzverbänden und der Bundesregierung 1999 und 2013 eigene Haltungsvorgaben vereinbart. Diese werden von den Veterinärämtern als verpflichtend angesehen und auch regelmäßig im Zuge der Lebendtierbeschau vor dem Ausstallen kontrolliert.
Neben Vorgaben zu Ausbildung, technischen Mindeststandards der Ställe und zur Dokumentation ist die Besatzdichte in der Putenhaltung darin geregelt. Es sind bei Hennen 45 kg je m² und bei Hähnen 50 kg je m² vereinbart. Bei Teilnahme am Gesundheitskontrollprogramm können Hennen mit 52 kg je m² bzw. Hähne mit 58 kg je m² gehalten werden. Hierbei werden bei Schlachtung die Fußballen, die Brusthautveränderungen und die Mortalität bewertet. Bei größeren Auffälligkeiten kann das Veterinäramt eine Besatzreduktion anordnen. Die angegebenen kg je m² gelten für den letzten Tag der Mast und sind keine Durchschnittswerte.

Forderungen des BMEL
In dem Diskussionspapier vom BMEL werden beim Hahn max. 40 kg je m² und bei der Henne 35 kg je m² gefordert. Zu dem dürfen ab der 6. Lebenswoche nur 1,9 Tiere je m² beim Hahn und bei der kleineren Henne 3,1 Tiere je m² gehalten werden. Dies entspricht dann im Alter von 6 Wochen 5,3 kg je m² beim Hahn oder etwa 6,7 kg je m² bei der Henne. Die weiteren Forderungen aus dem Diskussionspapier des BMEL sind heute schon in der Branchenvereinbarung der deutschen Putenhalter geregelt.

Aktivitäten
Seit Veröffentlichung des Diskussionspapiers wurde bundesweit versucht, mit dem Bundesministerium in Kontakt zu kommen. In vielen Stellungsnahmen und persönlichen Gesprächen wurde und wird versucht die Konsequenzen einer Umsetzung zu erörtern. Aus dem BMEL gibt es dazu bis heute keine Reaktion bzw. ein Festhalten am Entwurf.
In einer Studie zu den Vorgaben zur Putenhaltung in Europa wurde festgestellt, dass viele Länder, darunter auch wichtige Geflügelländer wie Frankreich, Italien und Spanien keine Regelungen haben und das sehr wichtige Putenland Polen zwar Haltungsvorgaben aber mit höheren Besatzdichten vorgegeben hat. Interessant ist, dass Dänemark die deutschen freiwilligen Haltungsvorgaben in eine dänische nationale Putenhaltungsverordnung überführt hat.

Folgen einer Umsetzung der Forderungen zur Putenhaltung
In einer Studie der Landwirtschaftskammer Niedersachsen wurde ermittelt, dass die Reduktion der Besatzdichte die Kosten der Putenhaltung inklusiv der vor- und nachgelagerten Bereiche um etwa 2,40 € je kg Brustfleisch, dem wichtigsten Teilstück der Pute, steigen werden. Diese Mehrkosten erweitert um die Aufschläge des Handels ergeben einen rechnerischen Mehrpreis für den Endkunden von 3,50 €- 4,00 € je kg Brustfleisch oder Schnitzel.
Österreich hat vor einigen Jahren die Besatzdichte auch auf 40 kg je m² reduziert. Dort spiegeln sich derzeit diese Preisaufschläge auf heimisches Putenfleisch im Vergleich zu Importware aus Italien oder Deutschland wider.
Deutschland hat im Gegensatz zu Frankreich keine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch- und Wurstwaren. Besonders in dem großen Bereich des Außer- Haus- Verzehrs in Kantinen, Gaststätten und Lieferdiensten wird keinerlei Herkunft deklariert.
Mit der zu erwartenden Verteuerung der Putenprodukte wird sich die Herkunft der Fleisch- und Wurstwaren im deutschen Lebensmittelhandel deutlich in Ländern mit oft schlechteren Haltungsbedingungen verlagern.
Der deutsche Selbstversorgungsgrad mit Putenfleisch liegt heute bei etwa 75- 80 %. Nach Reduzierung der Tierzahlen, was die Konsequenz nach einer Besatzdichtenreduktion ist, wird er nur noch rechnerisch 50 % betragen.

Konsequenzen
Mit der schlechteren Kostenstruktur wird wie in Österreich, das heimische, regionale und vor allem nachhaltigere Putenfleisch von „Billigprodukten“ aus anderen EU- Ländern, der Ukraine und Südamerika verdrängt werden, die letzten verbliebenen Schlachtbetriebe und Brütereien hätten keine Auslastung mehr.

Dies ist dann das Ende der meisten heimischen Familienbetriebe.
Darum fordern wir:
- eine europaweite Putenhaltungsverordnung
- eine lückenlose Herkunftskennzeichnung über alle Vertriebswege
- die Übertragung der Bundeseinheitlichen Eckwerte für Mastputen in nationales Recht
- einen Erhalt der heimischen Putenfleischerzeugung
- eine Agrarpolitik ohne Ideologie dafür mit Fach- und Sachverstand
- eine gemeinsame Weiterentwicklung der Tierhaltung

Die süddeutschen Putenerzeugergemeinschaften im Verband der deutschen Putenerzeuger
Caroline Hartmann, Südhof-Truthahn-Erzeugergemeinschaft, hartmanncaro@gmx.de
Marcus Könninger, Württembergisch- Fränkische Putenerzeugergemeinschaft, marcus-koenninger@t-online.de
Leonhard Moser, Truthahnerzeugergemeinschaft Höhenraine eG, Leo.Moser@Moser-Aschhofen.de
Tobias Bohner, Süddeutsche Truthahn Erzeugergemeinschaft e.V., info@bohner-rulfingen.de